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Coltos Insights | Unsere Themen - unser Team | # 1: Female Leadership

Wir geben Einblicke in unseren Beratungsalltag. Dazu fragen wir unsere Expertinnen und Experten. Als Erstes sprechen wir mit Lilian Gehrke-Vetterkind, Beraterin und Trainerin für Female Leadership im Coltos-Team.


Expertin für Female Leadership
Lilian Gehrke-Vetterkind

Lilian, in unserem Beratungskontext gibt es Themen, die alle Jahre wieder auftauchen und plötzlich an Relevanz gewinnen. So ist das auch mit dem Thema Female Leadership. Du bist in unserem Team dafür die Spezialistin.


Woran meinst Du liegt es, dass das Thema gerade jetzt an Präsenz und Aufmerksamkeit gewonnen hat?


Wir haben aktuell einen 50-prozentigen Anteil von Männern und Frauen in der Gesellschaft, warum spiegelt sich das nicht in Unternehmen, bzw. anteilig in der Führungsetage, wider? Dieser Anteil hat sich in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert. Hinzu kommt, dass nur noch etwa 31 % der befragten Männer und Frauen überhaupt eine Führungsrolle anstreben und damit Verantwortung übernehmen wollen. Dies hat zumindest eine Studie der Boston Consulting Group im letzten Jahr ergeben.*


Gleichzeitig spüren wir die Auswirkungen des demografischen Wandels und fragen uns, wo denn die Menschen alle herkommen sollen, die führen und Verantwortung übernehmen wollen.


Unternehmen werden Schwierigkeiten bekommen, wenn sie bei der Führungsbesetzung nicht mehr auf Diversität achten. Wir haben doch gut ausgebildete Frauen, sowohl mit Universitäts- als auch mit Fachausbildungsabschlüssen. Warum kommen die nicht in der Unternehmensführung an?


Durch Corona haben wir gesehen, dass in Krisenzeiten Frauen wieder stärker die Care-Arbeit übernommen haben und tendenziell in ein klassisches Rollenbild zurückgedrängt werden. Mit dieser Entwicklung und den Forderungen aus einigen gesellschaftlichen Bereichen geht die Sorge einher, die bisher erreichte Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau zu verlieren – aber eben auch Diversität und Vielfalt einzubüßen. Hier müssen wir wachsam sein.


Was meinst Du, ist für die Mitarbeitenden erlebbar anders, wenn Sie mit Dir einen Workshop gemacht haben?


Auf jeden Fall ist danach ein Erkenntniszugewinn eingetreten, dass durch Diversität insgesamt tragfähigere und innovativere Entscheidungen getroffen werden, weil Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven involviert sind und gleichzeitig Entscheidungen viel kritischer hinterfragen, als wenn das Team jetzt z.B. nur aus Männern Mitte 50, mit gleichem sozialem Hintergrund besteht. Dies belegt auch eine aktuelle Studie von McKinsey, welche seit 23 Jahren weltweit internationale Führungskonstrukte untersucht. Diese Studie zeigt im Ergebnis leider auch, dass Deutschland Schlusslicht bei Frauen in Führungspositionen ist.**


Menschen in diversen Teams fragen sich öfter: Warum machen wir das auf diese Art und Weise? Wollen wir nicht mal etwas anderes ausprobieren? Und dann kommt dabei die Erkenntnis, aha, wir können dadurch innovativer sein, wir können mehr Ideen kreieren und besser voneinander lernen, aber auch andere Zielgruppen in den Fokus nehmen und vielleicht neue Kunden gewinnen.


Wir können wirtschaftlich erfolgreicher sein, weil wir tragfähigere, bessere Entscheidungen treffen.


Die Teilnehmenden erhalten in den Workshops den Erkenntniszugewinn, dass Diversität Sinn macht. Meine Hoffnung ist, dass sie diese Erkenntnisse im nächsten Rekrutierungsprozess berücksichtigen, heißt, sich Gedanken machen, wie sie für mehr Diversität in den Führungsteams sorgen können.


In unseren Kundenprojekten zum Thema Führung stellen wir immer wieder fest, dass das Thema wenig präsent ist. Wenn Unternehmen hier wirklich weiterkommen wollen, ist zu prüfen, in welchen Strukturen und Prozessen es andere Rahmenbedingungen braucht. Stark betroffen sind hierbei natürlich das strategische HR-Management und das Talentmanagement. Hier muss Female Leadership verankert werden.


Wie kommt man aus der Finanzberatung zu Female Leadership und welche Erfahrungen haben dazu geführt?


Ich habe schon in meinem BWL-Studium meine Diplomarbeit zum Thema Frauen in Führung geschrieben, das hat mich damals schon sehr interessiert, das ist jetzt 22 Jahre her. Damals dachte ich noch (lacht), ich werde mal selbst Vorstand von einer Bank und habe dann feststellen müssen, dass es in meiner Branche überhaupt keine Frauen in Führung gibt. Im Laufe der Zeit habe ich mich immer wieder auf Führungspositionen beworben und hatte Gespräche bis zur Gehaltsverhandlung, und am Ende hieß es: „Sie sind toll, aber wir haben uns jetzt doch für den anderen, den männlichen Kandidaten entschieden“. Dadurch habe ich immer wieder darüber nachgedacht, welche Entwicklungsmöglichkeiten ich als Frau eigentlich habe. Warum und wo werde ich eingeschränkt!?


Damals war mir noch nicht so bewusst, dass Netzwerken eine sehr wichtige Stellschraube in der Karriere ist. Und man muss für die eigene Sichtbarkeit sorgen. Besonders hilfreich ist es, wenn man Role-Models in seinem Umfeld hat, die einen unterstützen können und die man auch als Vorbild schätzt.


Was meinst Du ist Deiner Meinung nach ein Beschleuniger, um Frauen in Unternehmen in Führungspositionen zu bringen?


Gute Impulse sind auf jeden Fall, wenn das Unternehmen selbst erkennt, dass ihre Führungsmannschaft zu homogen ist. Z.B. in den Technikbereichen per se oder der Baubranche sind zwar grundsätzlich weniger Frauen im Unternehmen, da kann man nicht einfach sagen: „Wir heben den Führungsanteil der Frauen von 17 % auf 50 % an“. Das wird eher schwierig. Man kann sich allerdings zum Ziel setzen, dass die Frauen, die wir prozentual im Unternehmen haben, sich ebenso auf der Führungsebene abbilden. Dieses Bewusstsein und diese Zielsetzung ist ein Beschleuniger. Allerdings müssen Reden und Tun der Geschäftsführung auch zusammenpassen. Sonst wird diese nicht ernst genommen.


Ein weiterer Beschleuniger kann sein, wenn sich Frauen in einem Unternehmen zusammenschließen und gemeinsam für ihre Sache einstehen. Das erhöht den Druck auf die Geschäftsführung, sich mit dem Thema zu befassen. Auch so können Veränderungsprozesse initiiert und unterstützt werden.


Gibt es aus Deiner Studie „Frauen wollen führen – Aber unter anderen Vorzeichen“ auch Anhaltspunkte, wie sich Frauen gegenseitig besser empowern können?


In der Studie habe ich das Thema „gegenseitige weibliche Unterstützung“ nicht explizit untersucht, aber man kann etwas aus den Antworten ableiten; und zwar das Thema der psychologischen Sicherheit, da können Frauen im Unternehmen noch mehr tun.


Meine Erfahrung zeigt, dass, wenn sich eine Frau nach vorne traut, die anderen dann sehr, sehr kritisch werden und sagen, „was denkt sie, wer sie ist ...“, also eine gewisse Stutenbissigkeit zeigen und einen sehr hohen Perfektionsanspruch an die anderen Frauen erheben. Das müssen sich die Frauen auch bewusst machen, dass sie sich das Leben teilweise selber erschweren und dass es nicht nur die Männer sind, die sie an der Führung hindern.


Hier kann psychologische Sicherheit eine Grundlage schaffen, dass Frauen sich sicherer fühlen und gemeinsam mehr erreichen können. Das ist aber ein Thema der Kultur. Über Netzwerkveranstaltungen und offenen Dialog kann man Vertrauen fördern - als Voraussetzung für psychologische Sicherheit.


Und: Es braucht Frauen, die sich trauen und dann andere nachziehen. Hier liegt viel Power und Empowerment drin.


Abschließend noch ein paar entweder-oder-Fragen:


Spätzle oder Pommes? Pommes

Strand oder Berge? Strand

Sneaker oder Boots? Beides ;)

Zeitung oder E-Paper? E-Paper

Post-it oder elektronischer Eintrag? Post-it


Vielen Dank Lilian. Es gibt also viel zu tun, um mehr gleichberechtigte Führungsteilhabe in Unternehmen zu erreichen. Was wir wichtig finden und was zum Erfolg beiträgt, ist die wichtigste Zielgruppe einzubinden und zu beteiligen und das sind die Männer. Das Thema ist oft ideologisch aufgeladen, was Veränderungen erschwert.


Am Ende helfen diverse Führungsteams, dass Unternehmen erfolgreicher sind. Und es ist wichtig für die Arbeitgebermarke. Denn gerade potenzielle Mitarbeitende schauen sich ganz genau an, in was für ein Unternehmen sie kommen. Und da spielt Diversität, auch in der Führung, eine wichtige Rolle.


Also lohnt es sich daran zu arbeiten – mit Lösungsorientierung, Verbindlichkeit, Freude an Zusammenarbeit und Führung in gemischten Teams.

 

Das Thema ist auch für Sie und Ihr Unternehmen relevant?


Quellen:

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